Mina K.
Zwischen zwei Welten

Bochum Total (6. Juli 2024)

An diesem Wochenende ergab sich mit Bochum Total eine willkommene Gelegenheit, sich mal außerhalb des Burgtorclubs mit Freunden zu treffen. Ich zog eine enganliegende Jeans mit Strassapplikationen an, ein schwarz/silbernes T-Shirt sowie meine schwarzen Keilstiefelletten. Darüber zog ich meinen schwarzen langen Mantel an, entfernte aber die Kapuze und den Gürtel, weil ich ihn die meiste Zeit sowieso offen ließ.

Wir fuhren mit öffentlichen Verkehrsmitteln und waren erst nach 20 Uhr am Bochumer Hauptbahnhof. Dort trafen wir auf Pavlos, Mary und Marys Bekannte Uta. Sie erzählten uns, dass sie gerade schon Jacqueline und Marion im Auto getroffen hätten und ihnen erklärten, wo sie parken könnten. Durch das Teilen uns Standortes per Google Maps haben wir sie schnell in der Nähe der ersten Bühne gefunden.

Wir liefen durch die überfüllten Straßen der Bochumer Innenstadt und bogen zunächst ins Bermudadreiecke ab. Es erwies sich als schwierig, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Jacqueline und Marion wollten ins Café Extrablatt, Mary wollte zum Intershop und wir anderen trotten einfach hinterher. Pavlos versuchte vergeblich, einen Tisch für sieben Personen in einer Cocktailbar zu organisieren. Aber weil dort überall noch das Viertelfinalspiel der Niederlande gegen die Türkei auf den Großbildfernsehern lief, gab es überall lange Warteschlangen.

Wir liefen weiter und fanden schließlich im Intershop Platz. Doch außer Mary gefiel es dort niemandem so richtig und meine Frau wollte sowieso lieber das Stadtfest besuchen und nicht in irgendeiner Kneipe sitzen, die es das ganze Jahr über gab. Und so spazierten wir schließlich doch noch durch die Straßen und befriedigten unsere kulinarischen Gelüste und den Durst an den unzähligen Foodtrucks und Getränkeständen. Hier und da lauschten wir der Musik und ich fing spontan an zu tanzen.

Uta hatte sich die meiste Zeit bei Pavlos untergehakt, damit sie in dem Gewühl nicht verloren ging. Bei einem Straßenverkäufer kaufte er zwei Rosen. Eine bekam Uta, die andere gab er mir.

Das Fest endete offiziell um 22 Uhr, doch es war immer noch viel los auf den Straßen und so drehten wir noch eine Runde, bis wir schließlich gegen halb zwölf in Richtung Hauptbahnhof gingen. Marion und Jacqueline hatten in der Nähe geparkt und verabschiedeten sich. Mary wollte kurz etwas von zu Hause und am Bahnsteig wieder zu uns stoßen. Sie schaffte es rechtzeitig, stellte dann aber fast, dass sie ihr Geld und andere Dinge in der anderen Tasche gelassen hatte. Ich hätte ihr Geld geliehen, aber sie wollte unbedingt noch die andere Sache holen, wechselte ihr Schuhe und flitzte erneut los. Doch so sehr sie sich auch beeilte, schaffte sie es nicht, den nächsten Regionalexpress nach Dortmund zu erreichen. Per Textnachricht meinte sie, wir sollten schon mal fahren und sie käme dann mit dem nächsten Zug nach.

Wir waren um viertel nach zwölf in Dortmund. Meine Frau hatte bereits vorher angekündigt, nach Hause fahren zu wollen und auch Uta hatte genug. Pavlos und ich verabschiedeten uns von den beiden, die gemeinsam zu den U-Bahnen gingen, die glücklicherweise seit kurzem auch noch eine Stunde lang nach Mitternacht fuhren.

Pavlos und ich verließen den Bahnhof. Wir hatten mit Mary vereinbart, uns im Laufsteg zu treffen. Doch auf dem Bahnhofsvorplatz war mächtig was los und wir beobachteten das Treiben der grölenden türkischen Fußballfans. Sie waren von Dutzenden Polizisten in schwerer Ausrüstung umstellt. Aus der Innenstadt kamen einige andere Fans mit syrischen und kurdischen Flaggen die Katharinentreppe hinunter und wurden ebenfalls umstellt. Von beiden Seiten erklangen unverständliche Schlachtrufe. Die Polizisten stellten sicher, dass die beiden Gruppen nicht aufeinander treffen konnten. Es war ein faszinierendes Schauspiel. Bei all der Polizeipräsenz hatten wir keine Angst um unsere Sicherheit und dass ich dort als erkennbare Transe zwischen hunderten von hauptsächlich nicht-queeren Menschen herumstand, machte mir nicht das Geringste aus.

Als die Fans auf der Treppe mit Polizeibegleitung abzogen, wurden auch die auf dem Vorplatz etwas ruhiger. Pavlos und ich machten uns auf dem Weg dem Laufsteg. Endlich konnte ich ihm mal etwas zeigen, das er noch nicht kennt.😁

Da ich nicht mit Sicherheit sagen konnte, wie viel Eintritt das kosten würde, fragte Pavlos an der Kasse nach. Als er erfuhr, dass es zehn Euro seien, kam er wieder hinaus und meinte nur, das wäre ihm zu teuer und er wolle lieber ins Burgtor. Ich war im Prinzip einverstanden, doch dann wollte er doch vor dem Laufsteg auf Mary warten. Aber Pavlos war gleichermaßen unentschlossen wie ungeduldig und meinte schließlich, er wolle jetzt doch hinein gehen. Also gingen wir hinein und zahlten jeweils zehn Euro. Versteh eine*r die Kerle...🤷‍♀️

Wir fanden einen Platz ganz hinten an der Bar und bestellten etwas zu trinken. Auch hier beschwerte sich der von Sozialhilfe lebende aber im Grunde arbeitsfähige Pavlos über die Preise. Das tat mir ja auch leid für ihn, aber es war seine Entscheidung, hier hineinzugehen. Oder erwartete er etwa, dass ich seine Rechnung übernehme, nur weil ich für mein Geld arbeite?

Irgendwann erblickte ich Marys Blondschopf und winkte sie zu uns herüber. Sie bestellte sich einen Weißwein an der Bar, wollte dann aber lieber näher ans Geschehen. Das war auch ganz in meinem Interesse, denn ich wollte tanzen. Wir gingen zu den Tischen in der Nähe Tanzfläche und setzten uns auf ein paar Barhocker. Doch bei einem Song, an den ich mich gar nicht mehr erinnere, hielt es mich nicht länger auf dem Sitz. Pavlos begleitete mich sogar spontan auf die Tanzfläche. Mary sprach mit dem Besitzer des Laufstegs über ein Event für Transgender, das er in Planung hatte, und stellte uns eine Bekannte von ihr vor. Mary kennt einfach überall Leute.

Wir blieben gute zwei Stunden und gingen anschließend noch in den Burgtorclub. Was dort passiert ist, ist hier beschrieben: 20. Besuch im Burgtorclub.


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