Mina K.
Zwischen zwei Welten

CSD Dortmund (14. September 2024)

Der CSD in Dortmund war natürlich Pflicht. Zum einen, weil es meine Heimatstadt ist, zum andern haben wir schon im Vorfeld erfahren, dass Norma aus dem Burgtorclub dort auftreten wird. Jacqueline, Maryon und Pavlos hatten ebenfalls ihr Kommen angekündigt. Rabea wollte erst später im Club dazu stoßen.

Am Tag davor hat meine Frau mir noch die Haare getönt und eingelegt. Außerdem habe ich meine Fingernägel auf Vordermann gebracht und bis auf meinen Dreitagebart schon mal die lästige Körperenthaarung erledigt.

Laut Wetterbericht sollte es frisch werden, daher bestand mein Outfit für heute aus einem flauschigen roten Pullover mit Fließkragen, einem schwarzen knielangen Lederrock und für etwas Farbe ein Paar Regenbogen-Kniestrümpfe. Darunter trug ich eine schwarze blickdichte Strumpfhose und einen Body. Als Schuhwerk wählte ich meine schwarzen Flamencopumps mit Keilabsatz. Neben Glitzerschmuck legte ich auch alle meine Bändchen der letzten CSDs an.

Mein Sohn und ich fuhren mit Bus und U-Bahn zum Dortmunder Hauptbahnhof. Wir verließen den Bahnhof auf der Nordseite, wo sich die CSD-Teilnehmer zur Demo versammelten, während auf der Südseite ein paar Nazis eine Gegendemo veranstalteten.

Nach kurzer Suche trafen wir auf seine Freunde, die vor dem Cinestar-Kino warteten. Die Kids waren ab dem Moment größtenteils miteinander beschäftigt, so dass ich nun abgemeldet war und ein wenig dumm in der Gegend herum stand. Das war mir zu blöd, also sagte ich kurz Bescheid und ging los, um mich ein wenig umzuschauen und ein paar Eindrücke mit der Handykamera einzufangen.

Erwartungsgemäß waren viele bunt gekleidete Leute unterwegs (laut Medienberichten rund 2500). Zwei große Festwagen standen ebenfalls bereit. Von der Ladefläche des einen ertönte Musik. Später hielt jemand eine erste Ansprache. Ich lief ein wenig herum und schaute mir das Treiben an. Ich sah eine junge Frau mit silbernen High Heels, die dort zusammen mit ein paar Freunden stand. Spontan ging ich zu ihr und sagte, dass mir ihre Schuhe gefallen. Sie bedankte sich und erzählte mir, dass sie damit gerade auf der Treppe vom Bahnhof nach unten gestürzt sei. Ich drückte mein Mitgefühl aus und wünschte ihr trotzdem viel Spaß.

Ich ging weiter und machte ein paar Fotos. An einer zentralen Stelle blieb ich stehen und filmte einmal in die Runde. Nach 180 Grad blickte ich in ein bekanntes Gesicht. Lilith und Lisa standen lächelnd vor mir. Ich steckte das Handy weg und begrüßte die beiden herzlich. Bei ihnen war auch die junge, vollbusige Transfrau Ashley, die ich schon häufiger im Burgtorclub gesehen hatte, sowie ein junger Mann.

Nach einem kurzen Geplänkel, ging ich zurück zu den Kids, denn soeben wurde der baldige Aufbruch der Demo verkündet. Wenige Minuten später ging es auch schon los. Begleitet von lauter Musik marschierten wie die Steinstraße und Heiligegartenstraße bis zur Bornstraße, dann weiter den Burgwall. Auf dem Ostwall fand eine Zwischenkundgebung statt. Die Kids wollten zu einem nahgelegenen Kiosk. Ich erspähte Lilith, Lisa und ihre beiden Begleiter und gesellte mich solange zu ihnen. Besonders der junge Mann, ich glaube er hieß Dennis, unterhielt sich viel mit mir.

Kurz danach ging es weiter. Ich suchte nach den Kids und verlor dabei meine Burgtorbekanntschaften wieder aus den Augen. Gemeinsam liefen (die Kids) bzw. tanzten (ich) wir den Wall entlang weiter, bis wir in die Kleppingstraße einbogen und von dort zum Friedensplatz gingen. Nach einer Abschlusskundgebung wurde die Demo offiziell für beendet erklärt und das Stadtfest konnte beginnen.

Die Kids wollten unbedingt auch so ein offizielles Armbändchen vom CSD Dortmund und ich erklärte ihnen, dass es das vermutlich an irgendeinem der Stände hier gegen eine kleine Spende gäbe. Wir machten uns auf die Suche und schauten uns die einzelnen Stände näher an. Während ich an einem hängen blieb, der mein Interesse weckte, gingen die Kids ohne mich weiter. Ich setzte meinen Bummel entspannt fort und traf nach einer Weile schon wieder rauf Lisa und Lilith. "Dortmund ist ein Dorf", meinte ich scherzhaft und wir gingen wieder unserer Wege. Dafür fand ich mein Kind und seine Freunde in der Menge wieder. Sie hatten ihre CSD-Bändchen und sogar an eines für mich gedacht, das ich natürlich sofort anlegte.

Da erspähte ich Maryon und Jacqueline, die neben der Bühne mit zwei anderen Transfrauen standen. Ich ging auf sie zu und begrüßte sie herzlich. Sie stellten mir auch ihre neuen Bekanntschaften vor, doch die Namen habe ich schon wieder vergessen. Ein paar Minuten später gesellte sich auch meine Frau mit unserem Hund zu uns. Sie war vorher noch auf dem Sommerfest unseres Hundevereins und konnte daher nicht an der Demo teilnehmen. In einer Textnachricht teilte unser Sohn uns mit, dass er auf dem Weg nach Hause sei. Nach einer weiteren Viertelstunde erreichte auch Pavlos das Stadtfest.

Maryon und Jacqueline sind inzwischen zum Cafe Extrablatt gegangen, um etwas zu essen. Mir taten die Füße weh, was nicht so sehr an meinen hohen Absätzen lag, sondern hauptsächlich meinen zu langen Fußnägeln geschuldet war. Dummerweise hatte ich vorher nicht daran gedacht, sie von Sommer- auf Winter-Modus zu kürzen, dabei war die Zeit für offene Sandaletten längst vorbei. Meine Frau, Pavlos und ich gingen zu Salamander und ich probierte ein paar Damenschuhe an. Dabei wurde ich von einer netten Verkäuferin überaus freundlich beraten. Ich fand ein paar bequeme Loafers in schwarz-weiß mit einem Plateauabsatz, einem oben liegenden Reisverschluss und einem dezentem Leopardenmuster an der Seite. Die Verkäuferin fragte mich, ob ich die neuen Schuhe gleich anbehalten wollte. Als ich das bejahte, entfernte sie die Preisschilder davon und gab sie mir wieder. Meine alten Schuhe packte sie in eine Papiertragetasche. Ich bezahlte und wir verließen das Geschäft.

Zurück auf dem Friedensplatz gönnten Pavlos, meine Frau und ich uns eine kleine Stärkung in Form von Currywurst und Pommes. Kaum hatten wir aufgegessen, da erspähte ich ein paar Meter weiter Marys Blondschopf vor der Bühne. Sie hatte sogar ihre Frau Steffie mitgebracht. Ulla aus dem Burgtorclub war mit ihrem Partner und einem weiteren Stammgast ebenfalls dort. Und ein paar Minuten später tauchten auch Conny und Jane mit einer sehr kleinen Frau auf, die Jane als ihre Mutter vorstellte. Wir begrüßten uns alle herzlich.

Um kurz nach 18 Uhr begann der Auftritt von Norma Jane und ihren Kolleginnen Monique Lamoure, Amanda Jones und Flora Diamond, den wir alle verfolgten. Mary und Steffi gingen anschließend direkt zum Burgtorclub, da Mary nicht mehr stehen konnte. Ulla musste ebenfalls los zum Dienstantritt. Wir anderen blieben noch eine Weile, versprachen aber, später nachzukommen.

Pavlos und meine Frau hatten bislang ja noch nicht viel vom Stadtfest gesehen, daher drehten wir dort eine kleine Runde und tranken etwas. Danach wollte meine Frau unseren Hund nach Hause bringen. Eigentlich war geplant, dass die Kids ihn mitnehmen, doch die waren ja längst weg. Pavlos begleitete sie zu uns nach Hause, während ich noch dort blieb. Ich hatte Jane wieder getroffen, die ein bisschen verloren aussah, nachdem ihre Mutter und Conny inzwischen auch verschwunden waren.

Wie es weiter ging, ist hier beschrieben: 23. Besuch im Burgtorclub.


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