CSD "ColognePride" Köln (21. Juli 2024)
Der CSD in Köln ist der größte in ganz Deutschland und es wurden über eine Million Besucher erwartet. Der Demonstrationszug sollte aus über 60000 Teilnehmern in 250 Gruppen mit 90 Festwagen bestehen. Es war wie Kölner Karneval mit Rosenmontagszug, nur noch größer. Das war ein bisschen viel für unser Hündchen. Leider fanden wir keinen Hundesitter, daher entschied sich meine Frau dazu, zuhause zu bleiben, was ich sehr bedauerlich fand. Aber ich wollte mir das Spektakel auf keinen Fall entgehen lassen, ebenso wenig wie unser Trans-Sohn Lee und sein Freund Devin.
Es sollte sehr warm werden. Daher wählte das gleiche Outfit, das ich eigentlich für den CSD Bochum geplant hatte, der ja leider ausgefallen ist. Wegen des vielen Kopfsteinpflasters in Köln, entschied ich mich für pinkfarbene Sandaletten mit einem für meine Verhältnisse sehr flachem Keilabsatz. Auf dem Kopf trug ich einen Haarreif mit einem regenbogenfarbenen Einhorn und meine Genderfluid-Flagge hatte ich natürlich auch dabei.
Meine Frau fuhr uns zum Dortmunder Hauptbahnhof, wo wir mit Pavlos verabredet waren. Gemeinsam gingen wir zum Kamps-Bäcker, um uns ein Frühstück zu holen. Leider hatte meine Lieblings-Bäckereifachverkäuferin "Mausi", die ich schon seit vielen Jahren aufgrund meiner Pendlertätigkeit kannte, heute keinen Dienst. Ich hätte mich ihr zu gern von meiner anderen Seite gezeigt.
Am Bahnsteig trafen wir Norma aus dem Burgtorclub mit zwei Bekannten. Leider konnten wir während der Zugfahrt nicht zusammen sitzen, weil die Wagen alle ziemlich voll mit Leuten waren, die das gleiche Ziel hatten. Norma empfahl uns, bereits in Köln Deutz auszusteigen, weil dort der Umzug begann.
In Bochum stieg Mary in den Zug. Per Textnachricht teilte ich ihr zwar mit, wo wir saßen, doch es war völlig aussichtslos, sich im Zug zu treffen. Ich schrieb ihr, dass wir in Deutz aussteigen wollten und dort trafen wir sie schließlich auch.
Wir folgten eine Zeitlang Norma und den anderen, doch kurz vor der Deutzer Brücke trennten sich unsere Wege. Mary, Pavlos, Lee, Devin und gingen über die Brücke an den unzähligen Festwagen vorbei und versuchten den Anfang des Zugs zu erreichen, doch er fuhr los, bevor wir es schafften. Dafür machte Mary ein paar schöne Fotos.
Wir gingen weiter in Richtung Heumarkt, wo wir an der Straßenbahnhaltestelle eine kleine Pause einlegten. Dort liefen uns rein zufällig Lilith, Lisa und Conny über den Weg. Das war eine schöne Überraschung und wir quatschten eine Weile und machten Fotos. Die drei wollten anschließend bei der Demo mitlaufen, doch wir wollten lieber von der Seite zuschauen, nur eben nicht hier, sondern woanders. Daher trennten sich unsere Wege, kurz nachdem wir uns zwischen all den Menschen gefunden hatten.
Wir versuchten unser Glück am Neumarkt, wo wir erneut eine Pause einlegten. Es war wirklich sehr warm und die Lauferei nicht ohne Anstrengung. Auch hier war es voll und ein Bauzaun versperrte die Sicht zusätzlich. Mary setzte sich auf einen Briefkasten und konnte von dort oben etwas besser sehen. Sie bot an, mir beim hinaufklettern zu helfen, doch ich lehnte dankend ab. Wir machten ein paar weitere Fotos und Mary fing an, stehend auf dem Briefkasten zu tanzen.
Von ihrer erhöhten Position entdeckte sie ein paar Bekannte und winkte sie heran. Sie stellten sich als Evelyn und Aila vor. Von Evelyn hatte Mary schon oft erzählt. Sie nannte sie oft ihre Transen-Tochter weil Mary wohl diejenige war, welche die Frau im Mann, der Evelyn früher war, befreit hatte. Während die beiden sich unterhielten, quatschte ich mit Aila. Wir wurden später Facebook-Freunde.
Pavlos, die Kinder und ich wollten etwas näher an den Demonstrationszug heran und stellten uns neben den Bauzaun. Dort hatten wir endlich die Chance, auch ein paar Goodies abzugreifen, die von den Fußtruppen verteilt wurden. Allerdings war die Stelle recht beengt und alles andere als ideal.
Nach einer Weile fing es leicht zu regnen an. Da wir ohnehin Hunger hatten, gingen wir zu Five Guys um den Schauer abzuwarten und uns zu stärken. Ich habe für uns alle bezahlt und wir setzten uns an einen freien Tisch direkt am Eingang, so dass wir von dort den vorbeiziehenden Umzug beobachten konnten. Mary gesellte sich etwas später ebenfalls zu uns. Als der kurze Regenschauer vorbei war, ging sie wieder zu Evelyn und Aila während Pavlos, die Kinder und ich uns einen neuen Standort an der Demostrecke suchten.
Wir wanderten durch die Kölner Innenstand an das gegenüberliegende Ende und landeten schließlich bei der Römischen Stadtmauer, wo wir endlich eine Stelle fanden, die uns uneingeschränkte Sicht und Zugang zum Demonstrationszug erlaubte. Hier konnten wir auch viel mehr Geschenke einheimsen, darunter auch ein paar gekühlte Getränke. Diese waren uns besonders willkommen, denn wir standen in der Sonne. Ich war gut drauf, tanzte und sang zur Musik aus den vorbeifahrenden Wagen. Ein paar Demonstrationsteilnehmer kamen direkt auf mich zu und machten mir Komplimente zu meinem Outfit oder zeigten mir von ihrem Wagen ein mit den Händen geformtes Herz. Endlich konnten wir die ColognePride richtig feiern.
Nachdem gegen 19 Uhr die letzte Gruppe an uns vorbeilief, machten wir uns wieder auf den Weg zum Heumarkt. Dort sollte später noch der diesjährige ESC-Gewinner Nemo auftreten und diesen Auftritt wollten wir nicht verpassen. Unterwegs begegneten wir einem jungen Mann, der auf der Suche nach einer Toilette war. Ich versuchte ihm zu helfen indem ich auf Google Maps recherchierte, doch die nächste öffentliche Toilette, die ich fand, war recht weit weg. Als wir ihm sagten, dass wir zu Nemos Auftritt wollten und dass dort vermutlich eine Toilette sein würde, schloss er sich uns spontan an. Er erzählte, dass er aus Frankfurt käme und eigentlich in einer Gruppe unterwegs sei. Doch er hatte seine Freunde irgendwie verloren und war dankbar für unsere Gesellschaft.
Aber sein Bedürfnis war dringend und hatte zunächst Vorrang. Außerdem wirkte es ansteckend auf Pavlos. Wir kamen an einem Restaurant vorbei (ich glaube, es war Hachiko Sushi) und ich meinte, hier könnten sie ihr Glück versuchen. Pavlos und Chris gingen fragten im Restaurant höflich nach und wurden netterweise hinein gelassen.
Nachdem der Druck weg war, gingen wir im Durchschnitt wesentlich entspannter weiter. Chris erzählte, wie er seine Freunde verloren hatte. Danach kam er schnell auf Nemo und den ESC zu sprechen. Als ich erwähnte, dass mein Kind auch ein großer Nemo- und ESC-Fan sei, hatten die beiden sofort ein Gesprächsthema für die nächsten Minuten. Sie verstanden sich auf Anhieb.
Am Heumarkt bahnten wir uns einen Weg durch die Massen näher an die Bühne heran. Doch ab einem bestimmten Punkt etwa 30 Meter vor der Bühne ging es einfach nicht weiter und wir blieben, wo wir gerade waren. Immerhin waren wir rechtzeitig dort und erlebten einen tollen, wenn auch kurzen Auftritt.
Wir verließen das Gewühl in der Menge und tauschten am Rand ein paar Online-Kontaktdaten aus. Chris fragte nach Instagram, doch bei einer alten Frau wie mir musste er mit Facebook vorlieb nehmen.👵
Ich wollte noch ein Erinnerungsfoto und versuchte mich erst an einem Selfie. Es war nicht einfach, fünf Personen gleichzeitig ins Bild zu bekommen. Glücklicherweise waren wir ja nicht allein beim CSD in Köln (siehe auch Rekord bei CSD-Parade: 1,2 Millionen Menschen feiern). Ich ging auf Gruppe Leute zu und fragte sie, ob sie ein Foto von uns machen könnten. Ein Typ bejahte. Ich gab ihm mein Handy und stellte mich zurück in unsere Gruppe. Er machte ein paar Aufnahmen, doch eine Frau in seiner Gruppe meinte, er mache alles falsch. Irgendwann nahm sie ihm das Handy ab, machte ebenfalls ein paar Aufnahmen und gab das Handy zurück. Wir bedankten uns brav und ich schaute mir die Bilder an. Die letzten von der Frau waren gut geworden. Davor hat der Typ nur Mist fabriziert: Zuerst hatte er die Frontkamera aktiviert und jede Menge Selfies von sich und seiner Gruppe gemacht. Doch selbst als er auf die Hauptkamera wechselte, schaffte er es nicht einziges Mal uns fünf gleichzeitig ins Bild zu bekommen.🤣
Anschließend war es an der Zeit, Abschied zu nehmen. Chris wollte zum Bahnhof, um den nächsten Zug nach Frankfurt zu nehmen und wir wollten noch bleiben. Es wurde ein sehr herzlicher Abschied. Chris beteuerte immer wieder, wie toll er es fand, uns kennen gelernt zu haben. Wir erwiderten das Kompliment und versprachen in Kontakt zu bleiben.
Kaum war Chris außer Sichtweite, da tauchte Mary wieder auf. Wir hatten unsere Standorte auf Google Maps geteilt, so dass wir uns leicht wieder finden konnten. Sie war die ganze Zeit mit ihren Bekannten Evelyn und Aila im Cafe Extrablatt und hatte auch ihren Spaß, wie sie uns versicherte. Gemeinsam bummelten wir an ein paar Verkaufsstände entlang, als Mary die Idee hatte, den Hühnerfranz zu besuchen. Die Kinder und ich waren nicht sicher, ob es angemessen sei. Schließlich waren sie noch minderjährig und Hühnerfranz scheinbar eine Gay-Bar. Außerdem hatten sie keine Lust, in einer Kneipe zu sitzen. Daher trennten wir uns als Gruppe erneut: Wir Erwachsenen gingen in die Kneipe und die Kinder schauten sich weiter die Verkaufsstände an.
Eine knappe halbe Stunde später verließen wir die Kneipe wieder und gingen wiedervereint mit den Kindern weiter zum Alter Markt. Dort holte ich mir an einem Stand etwas zu essen. Pavlos und Mary sicherten uns inzwischen einen Tisch draußen vor dem Pitter Cologne, wo wir schließlich alle zusammen den Abend ausklingen ließen.
Gegen halb 11 machten wir uns auf den Heimweg und gingen zum Kölner Hauptbahnhof. Unser Zug nach Bochum und Dortmund kam eine knappe Viertelstunde später und wir stiegen ein. Mary verließ uns in Bochum. Meine Frau holte den Rest von uns zehn Minuten später mit dem Auto am Dortmunder Hauptbahnhof ab. Wir lieferten Pavlos an seiner Wohnung ab und kamen schließlich um zehn nach eins ebenfalls leicht erschöpft von dem zu Hause an.
Nächstes Jahr brauchen wir definitiv einen Hundesitter, damit meine Frau mit zum CSD nach Köln kommen kann. Denn ich werde bestimmt wieder dabei sein.
weiter mit CSD Duisburg (Juli 2024)